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Grabung

Erfahrung sammeln - 1. Grabung an einer P-38 „Lightning" Absturzstelle im Rheinland
Kooperation zwischen Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland und der AG Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel e.V.


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P-38 „Lightning"


Die Grabung:
Im Zeitraum von März bis Mai 2009 erforschte ein Grabungsteam der Außenstelle Nideggen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland - unter der Leitung von R. Smani - eine bereits voruntersuchte Absturzstelle im Bereich Blankenheim.


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Einzelfundeinmessung an der Oberfläche










In Kooperation mit der AG Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel e.V. wurde in o. g. Zeit zunächst eine Einzelfundeinmessung aller an der Oberfläche sondierbaren Metallfunde vorgenommen. Sie zeigte eine auffallende Verdichtung metallischer Objekte in unmittelbarer Nähe der Einschlagstelle mit einer größeren Ausdehnung nach West als nach Osten.



Somit dürfte das Flugzeug von Osten kommend in relativ steilem Winkel abgestürzt sein. Der Platz wurde in bis zu fünf horizontalen archäologischen Ebenen (sog. Plana) untersucht.


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Neben der eindeutigen historischen Klärung der Maschine über aussagekräftige Wrackteile sollten vor allem Erfahrungen mit dieser ungewöhnlichen Fund- und Befundgattung gesammelt werden, um das Absturzereignis rekonstruieren zu können.












Die an der Oberfläche noch sichtbaren Senkungen, die von den beiden Rümpfen der Maschinen mit den Motoren stammten, gaben die Querprofillinie der Felduntersuchungen vor. Zwei senkrecht hierzu gewählte Schnittlinien sollten den Einschlagwinkel des Flugzeuges klären.




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Trotz der klar erkennbaren getreppten Überprägung der „Gruben” durch anschließende Materialbergungen kann man deutlich eine senkrechte, sackförmige Eintiefung erkennen, die den vermuteten, sehr steilen Eintrittswinkel der Maschine in den Boden bezeugt. Im Querprofil ist zudem die große Eindringtiefe der Motoren sichtbar, vor allem des nördlichen Motorblocks.










Es wurden Teile eines Motors, Kabel, Batteriefragmente, Stücke der Maschinenverkleidung, Plexiglassplitter der Kanzel und Instrumententeile geborgen, Teile der Bordbewaffnung und Munition, aber keine Bomben.




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Erst 1,40 m unter der Geländeoberkante wurde der Lauf der Bordkanone sichtbar: eine 20 mm Hispano-Suiza-Kanone.




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Trotz der großen Materialmenge von ca. 250 kg, wurden nur neun Typenschilder geborgen, welche die Maschine nicht eindeutig einer bestimmten Person zuordneten.


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Erst nach Reinigung und Auswertung der Fundstücke fiel dem Bearbeitungsteam um den Luftfahrthistoriker Hans-Günther Ploes ein Blech auf, das eine vielsagende Nummer aufwies.


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Es handelt sich um die sog. L.A.C. serial number (eine werksinterne Nummer der Firma Lockheed Aircraft Corporation), die sich auf dem Blechrest einer Motorhaube befand.




Anhand dieser Nummer lässt sich die eigentliche Air Force Seriennummer (AF Serial: 44-23632) herleiten, welche die Wrackteile eindeutig einer P-38-J25-LO zuweisen, und zwar derjenigen Maschine von Capt. Vachon.





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Historischer Hintergrund:
Am 25. Februar 1945 rollten gegen 9.00 Uhr Flugzeuge vom Typ P-38 „Lightning” der 474th Fighter Group der 9. US-Luftflotte auf ihrem Stützpunkt Florennes Juxaine in Belgien an den Start. Ihr Auftrag war es, im frontnahen Gebiet Ziele anzugreifen. Beim Abheben trugen die zweimotorigen „Lightnings” - ein im Zweiten Weltkrieg häufig gebauter Flugzeugtyp - der Firma Lockheed (Abb. 1), 500-Pfund-Bomben, mit denen sie den deutschen Nachschub und Truppenansammlungen bekämpfen sollten.
Der 474th Fighter Group wurde ein „Aufklärungsbereich” zwischen Zülpich, Heimerzheim, Laacher See und Pelm zugeteilt. Die Gruppe operierte eigenständig mit dem Auftrag der „bewaffneten Aufklärung”: D.h. das Feindziel war auszumachen und zu zerstören. Nachdem die Einheit eine deutsche Fahrzeugreparaturstation in den Eifelwäldern bekämpft hatte, ordnete der Staffelführer der 429th Fighter Squadron „Red-Leader” 2nd Lieutenant John Burch an, dass sich die „Flights” (je 4 vier Maschinen) Red und Yellow, sich sammeln sollten.
Nach einem kurzen Check fiel auf, dass „Gelb-Vier” nicht mehr im Verband war und auch kein Funkkontakt mehr zu ihm bestand. Die 429th Squadron kehrte ohne „Gelb-Vier”.


„Gelb-Vier” war Captain Paul Emil R. Vachon, der mit seiner Lockheed P-38J25-LO „Lightning” (Air Force Seriennummer 44-23632) flog. Mit seinen 29 Jahren galt er in den Reihen seiner Kameraden als „alter” Hase, denn das übliche Pilotenalter in der US-Army Air Force betrug etwa 22 Jahre.

Unbeobachtet von seinen Staffelkameraden war Capt. Vachon beim Angriff auf das letzte Ziel in Flakfeuer geraten und hatte einen Treffer erhalten. Seine Maschine erhielt Treffer in die Steuerung und in den Motor. Unmittelbar danach drehte die Maschine in Richtung Erde ab, so dass sie nicht mehr zu manövrieren war. Hierdurch war er gezwungen, aus dem brennenden und trudelnden Flugzeug abzuspringen. Seine Hoffnung, möglichst weit nach Westen und damit nah an die rettende Front zu gelangen, misslang. Seine Maschine schlug nördlich von Blankenheim in einem Waldstück „Mürel” auf.

Mit dem Fallschirm sicher gelandet, wurde Capt. Vachon im Gebiet zwischen Blankenheim und Kall gefangen genommen. Seine Gefangenschaft währte jedoch nur kurz: Am 14. März 1945 erhielt seine Einheit eine Meldung vom 96th Evacuation Hospital, dass sich Capt. Vachon in dessen Obhut befände und nur leichte Verbrennungen erlitten habe.



Schlussfolgerung:
Als Ergebnis dieser Ausgrabung eines Flugzeugs des Zweiten Weltkriegs im Rheinland bleibt festzuhalten, dass sich die Ausgrabungstechnik in erster Linie an der mutmaßlichen Absturzrichtung orientieren muss, im Weiteren aber den jeweiligen Geländebedingungen angepasst werden sollte, damit aus archäologischer Sicht das Absturzereignis optimal rekonstruiert werden kann.

Die enormen Fundmengen und auch die unbekannte Materie stellten die Fundbearbeitung im Innendienst der Außenstelle Nideggen vor große Herausforderungen.


Es ist geplant, in den kommenden Jahren eine zweite Referenzgrabung in einem naturräumlich stark unterschiedlichen Gebiet durchzuführen. Die Zusammenarbeit mit luftfahrthistorischen Experten (AG Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel e. V.) sowie der amerikanischen Militäreinheit DPAA (Europe/Mediterranean Regional Directorate Defense POW/MIA Accounting Agency) bei amerikanischen Vermisstenbergungen im Rheinland hat sich im Rahmen dieser Maßnahme als unverzichtbar erwiesen.


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